Gedanken zum Medikationsplan

Mehr Übersicht ab Oktober 2016

Ab dem 1. Oktober 2016 haben alle Patienten mit drei oder mehr dauerhaft eingenommenen Arzneimitteln ein Anrecht darauf, vom behandelnden Arzt einen Medikationsplan zu bekommen. Dieser Plan muss einem bundeseinheitlichen Standard entsprechen.

Das ist gut!

Leider ist das nur die Hälfte des eigentlich Nötigen. Viele Dinge sind noch nicht geklärt und systematisch nicht durchdacht:

In der Apotheke soll der Medikationsplan aktualisiert werden. Arzneimittel aus dem Bereich Selbstmedikation können so ergänzt werden, oder das von der Krankenkasse durch Rabattverträge präferierte Arzneimittel wird korrekt benannt. Leider ist der Arzt nicht verpflichtet, diese Aktualisierungen wiederum in seine Praxissoftware zu übernehmen. Es ist also ein munteres „Bäumchen-wechsel-Dich“-Spiel zwischen Arztpraxis und Apotheke zu erwarten.

Wenn der Patient einen Papier-Plan vom Arzt bekommt, ist dieser im Beste Fall aktuell. Es ist aber davon auszugehen, dass dieser aktuelle Plan danach auch mal vergessen werden wird. Das ist besonders dann relevant, wenn verschiedene Ärzte und/oder Apotheken Medikationspläne erstellen. Am Ende wird der Patient mehrere Medikationspläne haben, auf denen jeweils irgend ein Detail korrekt ist – aber vermutlich ist auf keinem der Pläne alles korrekt.

Aber diese Dinge lassen sich zukünftig noch verbessern, z.B. durch Präzisierung, elektronische Verwaltung, zentrale Speicherung o.ä. Was schwerer wiegt:

Keiner weiß, wie und wann die Erarbeitung des Medikationsplans stattfinden soll. Dazu ist nämliche eine ausführliche Medikationsanalyse erforderlich, die eine intensive Auseinandersetzung mit Patient UND seinen Arzneimitteln beinhaltet. Ich habe aus sehr vielen Gesprächen mit Patienten im Rahmen einer solchen Medikationsanalyse gelernt, dass genau diese zeitintensive Tätigkeit dazu führt, dass sich am Ende der Patient viel vertrauter mit seinen Arzneimitteln fühlt. Und Verständnis gepaart mit Akzeptanz in Bezug auf die eigene Arzneimitteltherapie ist Grundvoraussetzung für eine hohe Einnahmetreue.

Es ist zu erwarten, dass in der Arztpraxis die Zeit zur nötigen Medikationsanalyse kaum zur Verfügung steht. Dafür hat der Patient einen Medikationsplan, mit dem er sich gar nicht richtig auseinandergesetzt hat. Die verständlicherweise aufkommende Erwartungshaltung, der Apotheker könne dann eben die Erklärungen liefern, muss zwangsweise in einer Enttäuschung enden. Denn in der Apotheke wird nicht „mal eben schnell“ über den Medikationsplan geschaut werden können. Um eine systematische, ausführliche und fachlich fundierte Aussage treffen zu können, ist auch hier wieder eine zeitlich intensive (mind. 30 – 60 min) Sitzung mit dem Patienten nach dem „Brown-Bag“ Verfahren nötig. Dazu ist das Mitbringen aller eingenommenen Arzneimittel von zu Hause nötig.

Wenn im ersten Schritt also keine vernünftige Arzneimittelanalyse vorgenommen wird, kann im zweiten Schritt auch kein vernünftiger Medikationsplan erzeugt werden. Genau dies wird ab dem 1. Oktober 2016 aber passieren – und darin liegt das größte Versäumnis bei dieser Gesetzesänderung.

Was müsste sich ändern?

Die Apotheker müssten viel stärker in die Erstellung des Medikationsplans, also in die ausführliche Medikationsanalyse eingebunden werden. Und selbstverständlich müsste dies auch entsprechend honoriert werden.

Es braucht standardisierte Schnittstellen zwischen Arztpraxis und Apotheke, um einen regelhaften und Problem-unabhängigen Austausch zu ermöglichen.

Die Ärzteschaft – besonders auf berufspolitischer Ebene – müsste verstehen, dass eine Zusammenarbeit von Arzt und Apotheker im Sinne des Patienten von großer Notwendigkeit ist. Statt die vermeintlich traditionellen Ressentiments gegenüber Apothekern zu pflegen, sollten Synergie-Effekte und Austausch von Know-How genutzt werden.

Bei der gesundheitspolitischen Gesetzesgebung muss endlich darauf geachtet werden, dass keine weiteren Keile zwischen Ärzteschaft und Apothekerschaft getrieben werden. Es gibt viel zu viele Beispiele aus der Vergangenheit, bei denen eine kollegiale Zusammenarbeit durch unsinnige, formale Regelungen und Vorschriften verhindern wird. Vielmehr braucht es eine vertrauensvolle Basis, die einen fachlichen Austausch und professionelle Zuarbeit ermöglicht.

Ansätze und gute Beispiele für eine sinnvolle Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker gibt es bereits, besonders auf dem Land und auch hier in Munster. Das macht Hoffnung. Trotzdem muss auch aus der Gesundheitspolitik ein Signal kommen, dass eine interdiszipliäre Zusammenarbeit gewünscht und honoriert wird.

 

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